Hillman, Herbert & Cooper Kangaroo 1885

Schon seit den späten 1870er Jahren wurde versucht, das Fahrrad sicherer zu machen und die Gefahren des Hochrads zu vermindern. Verschiedene Entwicklungen wie Singer’s Xtra Ordinary, das Facile von Ellis & Co und viele andere kamen auf den Markt, unter anderem auch das Dwarf Safety „Kangaroo“ von Hillman, Herbert & Cooper aus Coventry. Es wurde 1884 auf der Stanley Show, der damals wichtigsten und weltgrößten jährlichen Fahrradausstellung präsentiert, und war durch seine angeblich höhere Sicherheit aber besonders durch die raschen Rennerfolge ein schlagartiger Erfolg.
Schon 1885 wurde das Kangaroo deshalb von vielen anderen Firmen kopiert. So schnell wie es kam verschwand es aber auch wieder vom Markt, die Entwicklung des Niederrads (Starley’s Rover) mit Kettenantrieb zum Hinterrad bescherte dem Dwarf Safety nach ca. 2,5 Jahren ein jähes Ende.

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Das Rad: Angetrieben wird das kleine Sicherheitsrad mithilfe von zwei Ketten, die das 36 Zoll Vorderrad pro Kurbelumdrehung 1,5 mal umdrehen lassen – was dem Abrollumfang eines 54 Zoll Hochrades gleichkommt. So steht es auch eingestanzt am Lenker – 36=54. Es gab auch 34 und 38 Zoll Varianten, die 36er ist aber die häufigste unter den wenigen erhaltenen Kangaroos. Das Hinterrad misst 22 Zoll. Der Fahrer sitzt etwas weiter hinter dem Schwerpunkt des Fahrrads und erreicht relativ leicht mit den Füßen den Boden, was kein Nachteil ist. Nichts desto trotz war auch das Kangaroo nicht ungefährlich, Überschläge nach vorne („Header“) blieben auch hier nicht aus.

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Fund-Zustand: Das an Luftlos 2015 teilnehmende Rad wurde vermutlich in den 1980er oder 90er Jahren „restauriert“, der Rahmen war amateurhaft und komplett schief verschweisst, diverse Abstände passten nicht, die Lager waren komplett kaputt und der Sattel fehlte. Dazu war es eierschalengelb grundiert und schwarz lackiert worden, eine große Menge Kit war verwendet worden um die schlechten Schweissstellen zu verbergen. Dennoch verbarg sich darunter ein Rad, dass zu einem Großteil komplett war und dessen Oberflächen beinahe überhaupt keine Rostnaben aufwiesen.

Die Reparatur: Nachdem der Lack entfernt war, wurde der Rahmen an den Schweissstellen zerschnitten und wieder passend und richtig zusammengefügt. Die fehlenden und kaputten Teile (Lager, Distanzschraube der Sattelfeder, Fussrasten, Sattel) wurden nachgefertigt und ersetzt.
Da nicht am Plan stand das Rad neu zu lackieren und zu vernickeln wurde nur eine dünne schwarze Lackschicht aufgetragen, welche wieder teilweise entfernt wurde, um dem Fahrrad etwas Patina zu verschaffen. Jetzt ist es dem Kangaroo auch gestattet wieder etwas zu rosten 🙂

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Fahren: Auf dem Dwarf Safety fühlt man sich wirklich viel sicherer als auf einem Hochrad. Anfangs ist die geringe Höhe und das hohe Gewicht (beinahe 25 Kilo) etwas ungewöhnlich, aber relativ schnell merkt man, dass dieses Rad auch ganz schön schnell gefahren werden kann. Bei Steigungen ist die geringe Höhe ein großer Vorteil, man tritt solange bis es wirklich gar nicht mehr geht, dann steigt man einfach ganz gemütlich ab. Bergab kann man entweder die realitv bequemen Fussrasten verwenden oder doch auf der sicheren Seiten bleiben, gegentreten und die Vorderradbremse betätigen.
Die Aussicht ist natülich nicht die gleiche wie bei einem Hochrad und man fühlt sich etwas „zwergenhaft“ neben einem 56 Zoll Riesen… aber man kann halt nicht alles haben 🙂

Zum Abschluss noch ein Gedicht, aus dem Radfahr-Humor 1889:

Das Kangaroo

Kangaroo, du gute Seele!
Bist der „Job“ der Radmodelle,
Liegst nun in den letzten Zügen,
Alles Schöne stirbt hienieden!
Aber tröste dich, wir setzen
Dir ein Grabdenkmal und metzen
Sauber dann auf Marmelstein
Dir als Grabinschrift hinein
Einen Spruch, den Schiller schuf:
„Ich war besser, als mein Ruf!“

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